Rechtsanwaltskanzlei Nicole Kohlstedt 
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2017-07-14

Einstellung des Ermittlungsverfahrens durch die Staatsanwaltschaft Münster trotz vorsätzlich rechtswidriger Tötung eines Hundes durch die beschuldigte Tierärztin (Rechtsanwaltskanzlei Dr. Leondarakis & Koll., März 2016)

Unser Mandant, ein Tierschutzverein, hatte den Hund “Barney” im Februar 2012 an eine Familie vermittelt. Im Januar 2015 erfuhren die Verantwortlichen des Vereins bei einer Nachkontrolle der Haltung von “Barney”, dass dieser entgegen der vertraglichen Vereinbarung zwischen dem Verein und den Haltern ohne entsprechende vorherige Rücksprache mit dem Verein eingeschläfert worden war.

Als Begründung wurde seitens der Halter zunächst eine Krebserkrankung angegeben. Genauere Auskünfte wurden jedoch verweigert. Es wurde durch die Halter aber darüber hinaus behauptet, dass “Barney” aggressiv gewesen sei und aus diesem Grund eine weitere Haltung nicht hätte erfolgen können.

Auch seitens der Tierärztin wurden weitere Auskünfte über den Grund für die Einschläferung “Barneys” verweigert.

Da der Verein sich das Eigentum an “Barney” dauerhaft vorbehalten hatte und der Verdacht bestand, dass “Barney” nicht an einer Erkrankung gelitten hatte, sondern schlicht aufgrund des von den Haltern behaupteten aggressiven Verhaltens eingeschläfert wurde, wurde dann durch den Verein Strafanzeige gegen die behandelnde Tierärztin und den Halter wegen des Verdachtes des Tötens ohne vernünftigen Grund nach § 17 Ziff. 1 TierSchG und wegen möglicher weiterer Straftatbestände erstattet.

Im dann durch die Staatsanwaltschaft eingeleiteten Ermittlungsverfahren gaben die Beschuldigten, die Tierärztin und auch der Halter, an, dass “Barney” gemäß den Angaben der Halter seit mehreren Monaten Verhaltensauffälligkeiten gezeigt habe und die Halter Angst gehabt hätten, dass “Barney” andere Menschen angreifen könne. Im Ermittlungsverfahren hatte die beschuldigte Tierärztin weiter auch geäußert, dass solche Verhaltensauffälligkeiten Symptome einer möglichen Erkrankung seien. Die beschuldigte Tierärztin hatte nach eigenen Angaben die Halter sogar auf die Möglichkeit einer solchen Erkrankung hingewiesen. Untersuchungen über die Ursache der behaupteten Verhaltensauffälligkeiten von “Barney” erfolgten allerdings nicht. Vielmehr wurde “Barney”, ohne weitergehende Untersuchungen vorzunehmen, durch die beschuldigte Tierärztin im Auftrag der Halter euthanasiert.

Dies begründet maßgeblich nach unserer Auffassung den Verdacht einer Straftat nach § 17 Tierschutzgesetz.
Insbesondere war hier nach unserer Auffassung keine medizinische Indikation für die Tötung von “Barney” und damit auch kein vernünftiger Grund im Sinne des § 17 TierSchG gegeben, der aber Voraussetzung dafür ist, dass die Tötung eines Tieres ausnahmsweise straffrei erfolgen darf.

Das Gesetz lässt die Tötung individuell gefährlicher Tiere ausnahmsweise und nur dann zu, wenn es keine Möglichkeit der gefahrfreien Unterbringung gibt und die gesteigerte Gefährlichkeit und deren Unbehebbarkeit unzweifelhaft wissenschaftlich nachgewiesen ist (vgl. Hirt/Maisack/Moritz, TierSchG, 3. Aufl., § 17, Rn. 7, Einf zur TierSchHundV, Rn. 12).

Das Verfahren wurde durch die Staatsanwaltschaft unter an derem mit der Begründung eingestellt, dass selbst wenn die Möglichkeit der Behandlung von “Barney” bestanden hätte, eine entsprechende Therapie des Hundes Monate hätte in Anspruch nehmen können und damit die Euthanasierung gerechtfertigt sei.

Dabei hätte gemäß den vertraglichen Vereinbarungen zwischen dem Verein und dem Halter jederzeit die Möglichkeit bestanden “Barney” zurückzugeben.

Nach unserer Auffassung stellt diese Begründung der Staatsanwaltschaft nicht nur eine rechtswidrige Bewertung der Sachlage dar, sondern ist auch bei einer lebensnahen Betrachtung absolut unvertretbar.

Eine Beschwerde bei der zuständigen Generalstaatsanwaltschaft Hamm und beim zuständigen Landesministerium im Wege der Dienst- und/oder Fachaufsicht führte zu keiner anderen Bewertung durch die Behörden.

Hinzu kommt, dass auch die zuständige Landestierärztekammer, die ebenfalls von dem Sachverhalt in Kenntnis gesetzt wurde, diese nach unserer Auffassung rechtswidrige Einschätzung deckt. Auch berufsrechtlich hat diese Tötung damit keine Konsequenzen für die beschuldigte Tierärztin.

Insgesamt bedeutet die Bewertung der hier beteiligten Behörden, dass sich der Halter seines Tieres schlicht diesem mit der Begründung “entledigen” könne, dass dieses eine gesteigerte Aggressivität zeige, ohne dass dies tatsächlich nachgewiesen oder überhaupt der Versuch des Nachweises von möglicherweise bestehenden medizinischen Ursachen vorgenommen ist.

Dies entspricht nach unserer Auffassung nicht dem Gesetz, das die Rechtfertigung einer Tötung nur aus vernünftigem Grund und nur als ultima ratio zulässt. Dies konnte aber im Fall “Barney” nach Ausschöpfung der rechtlichen Möglichkeiten nicht durchgesetzt werden.

Admin - 07:55:49 @ Archiv